Die Unternehmen, die in der Schweiz ein Drittel des CO2-Ausstosses verursachen, sind von der Dezentralisierung der Energieerzeugung ebenfalls betroffen. Aus welchem Grund investieren diese nicht vermehrt in erneuerbare Energien und was könnte sie dazu motivieren? Wissenschaftler aus Zürich und Neuenburg sind diesen Fragen auf den Grund gegangen.
EFFIZIENT BEGLEITEN
Martin Wörter, Wissenschaftler an der ETH Zürich, KOF Konjunkturforschungsstelle, und sein Team haben sechstausend Fragebogen an in der Schweiz ansässige Unternehmen versandt. Kolleginnen und Kollegen in Deutschland und Österreich haben in ihren Ländern dasselbe getan. Es galt herauszufinden, mit welchen begleitenden Massnahmen die Energiebilanz der Unternehmen verbessert werden könnte, und zwar sowohl im Hinblick auf deren Produkte als auf bestehende Infrastrukturen und Gebäude. «Unser Projekt hat gezeigt, dass Steueranreize, freiwillige Vereinbarungen und Subventionen die Investitionsbereitschaft in Energietechnologien erhöhen», erklärt Martin Wörter. «Regulierungsmassnahmen zeigen dagegen keinerlei positive Wirkung.» Bei einem Vergleich zwischen den einzelnen Ländern haben sich folgende Unterschiede gezeigt: In der Schweiz sind freiwillige Vereinbarungen besonders effizient, in Österreich funktionieren Subventionen besser, und für deutsche Unternehmen sind steuerliche Vorteile der wichtigste Grund dafür, in energieeffiziente Infrastrukturen zu investieren. «Dies stellt selbstverständlich nur ein vereinfachtes Bild dar», führt Martin Wörter aus.
Forschungsprojekt:
Energiebezogene Innovationen (NFP 71)
UNTERNEHMEN MOTIVIEREN
«In Schweizer Unternehmen besteht ein immenses wirtschaftliches Potential für Energiesparen», so Rolf Iten, Manager bei Infras in Zürich. «Doch die Dinge bewegen sich nur sehr langsam.» Warum investieren Unternehmen nicht verstärkt in erneuerbare Energien? Um Antworten auf diese Frage zu finden, haben sich Rolf Iten und wissenschaftliche Teams aus Zürich und Neuenburg mit den internen Entscheidungsprozessen von Unternehmen auseinandergesetzt. Ihre Hypothese bestand darin, dass die Unternehmen sich oft deswegen gegen eine Investition in Energieeffizienz entscheiden, weil sie dies nicht als strategischen Bereich betrachten. «Unser Ziel bestand darin, die Sicht der Unternehmen zu verstehen», erklärt der Wissenschaftler. «In einer schriftlichen Umfrage haben wir die Antworten von mehr als 300 Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Dienstleistung und Handwerk ausgewertet. Darüber hinaus haben wir auch Einzelgespräche mit grossen Energieverbrauchern geführt.» Die ersten Ergebnisse zeigen, dass ein Grossteil der Schweizer Unternehmen ein Energiemanagement eingeführt hat, das darin besteht, den eigenen Energieverbrauch zu analysieren und die Kosten und Vorteile einer Investition in Energieeffizienz auszuwerten. Es mangelt diesen Unternehmen aber an Informationen, um die strategische Bedeutung dieser Art Investition zu verstehen.
Forschungsprojekt:
Determinanten von Investitionen in Energieeffizienz (NFP 71)
ANREIZE SCHAFFEN
Christian Schaffner, Direktor des Energy Science Center der ETH in Zürich, versucht, mittels verschiedener politischer Szenarien ein Bild des zukünftigen Strommarktes zu zeichnen. «Viele Fragen bleiben unbeantwortet und wurden im Rahmen des Referendums zur Energiestrategie 2050 nicht geklärt», stellt er fest. «Allen voran die Frage, wie das Netz mit der Volatilität der erneuerbaren Energien umgeht. Aktuell funktioniert das System auf Basis von Pumpspeicherkraftwerken, die elektrische Energie speichern können, wenn dies erforderlich ist. Doch es ist noch nicht klar, wie die Speicherung in Zukunft funktionieren wird.» Um sowohl Unternehmen als auch die Bürgerinnen und Bürger des Landes davon zu überzeugen, in Energieeffizienz zu investieren, schlägt Christian Schaffner vor, mit neuen Elementen im Energiemarkt vom aktuellen Motivationsmodell zu einem noch stärker auf Anreize ausgelegten System zu wechseln. Eines ist seiner Ansicht nach aller dings sicher: Der Schweizer Strommarkt wird sich öffnen und sich an die neue, dezentralere Umgebung anpassen.
Forschungsprojekt:
Verbundprojekt «Analyse zukünftiger Strommärkte» (NFP 70)
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