Die beanspruchte Wohnfläche pro Person klafft je nach Besitzstruktur und Lage der Wohnung weit auseinander. Die Tendenz aber ist – nach Jahren der kontinuierlichen Zunahme – leicht sinkend.
Die Wohnfläche, die eine Person beansprucht, widerspiegelt den materiellen Wohlstand (je mehr Fläche pro Person, desto höher das durchschnittliche Budget einer Person), die Dissozialität (die Vereinzelung der Gesellschaft), die Altersstruktur (ältere Menschen leben oft allein) sowie die soziale Dichte der Gesellschaft.
Jede Erhöhung der individuellen Wohnfläche als Ausdruck unseres Lebensstils zieht zwangsläufig einen erhöhten Ressourcenbedarf nach sich. Diese Entwicklung zu stoppen, ist deshalb zentrales Anliegen für einen sparsameren Umgang mit Energie.
Verschiedene Faktoren haben zu einer Trendumkehr beim Wohnflächenbedarf in den meisten Regionen der Schweiz geführt. Keiner dieser Faktoren basiert auf geschärftem Bewusstsein gegenüber nachhaltigem Umgang mit Energie.
Sinkende Geburtsraten und damit das Verschwinden kinderreicher Familien sowie das «living together apart» von Paaren, bei denen beide ihre eigenen vier Wände behalten wollen, haben den Bedarf an Wohnraum Ende des letzten Jahrhunderts geprägt. Ende der NullerJahre kam der Umschwung, der bis heute anhält: Der Wohnflächenbedarf pro Person sinkt, leicht zwar, aber stetig. Dabei sind die Unterschiede zwischen Stadt/Land einerseits und zwischen Romandie/Deutschschweiz andererseits markant: In Meyrin sind es 32 m2/ Person, in Küsnacht 54 m2/Person. Die Stadt Zürich liegt mit 39 m2/Person leicht unter dem Durchschnitt.
Der erste Grund: Herr und Frau Schweizer sind so kinderlieb wie noch nie. Seit dem Jahrtausendwechsel hat die Geburtenrate in Zürich um 45 Prozent zugenommen. Familien, das ist eine Binsenwahrheit, brauchen weniger Wohnraum pro Person, denn sie leben in einer Wohnung zusammen und teilen Küche, Bäder, Flur usw.
Der zweite Grund: Jugendliche und junge Erwachsene aus mittelständischem Elternhaus leben vermehrt und länger zu Hause. «Hotel Mama» ist attraktiv geworden.
Neben den Veränderungen der Wohn und Lebensgemein schaften spielen für den Wohnraumbedarf auch Art und Besitzstruktur der Wohnungen eine grosse Rolle. Am höchsten ist der beanspruchte Wohnraum bei Stockwerkeigentum in Neubauten in der Innenstadt. Hier beträgt er gut 60 m2/Person. In gemeinnützigen Neubausiedlungen liegt er bei unter 39 m2.
Für das Sinken des beanspruchten Wohnraums ist auch die Bautätigkeit in Zürich mitverantwortlich. Ein Indikator für die belegte Wohnfläche ist nämlich auch das Datum des letzten Umzuges: Je kürzer dieser zurückliegt, desto kleiner ist die beanspruchte Wohnfläche. Mit anderen Worten: Zu viel Wohnfläche kann auch Ausdruck einer veränderten Lebens situation sein, die ihren Niederschlag in der Wohnsituation noch nicht gefunden hat.
In dieser Erkenntnis liegt auch die Antwort, weshalb eine einzige Gruppe die von ihr beanspruchte Wohnfläche aus gedehnt hat: Seniorinnen und Senioren zögern, wenn sie nach dem Auszug der Kinder oder nach dem Tod eines Ehegatten in eine kleinere Wohnung umziehen sollten. Zu viel erinnert sie an ihr früheres Leben, zu wenig motiviert sie für einen Umzug.
Sicher aber ist: Sollte Wohnraum wegen sinkender Einwohnerzahlen oder sinkender Wohnkosten wieder kostengünstiger werden, wird der Wohnraum pro Person wieder ansteigen.
Energieüberlegungen spielten bei allen Veränderungen der beanspruchten Wohnfläche selten eine Rolle.
Forschungsprojekt: Energiesparpotenziale
in Haushalten von älteren Menschen (NFP 71)
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