Die Mobilität der Zukunft basiert auf Wasser-, Sonnen- und Windenergie. Aber wie bringen wir den Strom vom Hausdach oder aus dem Windpark in die Fahrzeuge? Eine Reise durch das Forschungsland Schweiz.
WINTERTHUR
Kennen Sie den Hyundai iX35? Es ist das erste in Serie gebaute Brennstoffzellen Auto. Es gewinnt seinen Antriebsstrom direkt aus dem mitgeführten Wasserstoff (H2). Für Andre Heel, Leiter des Labors für Prozesstechnik an der ZHAW Winterthur, ist der iX35 ein Zeichen, dass die Brennstoffzelle im nachfossilen Zeitalter eine wichtige Rolle spielen wird. «Was es jetzt braucht», sagt der Chemieingenieur, «sind Forschungen zu Produktion und Verteilung der Ressource Wasserstoff.» H2 ist ein Spaltprodukt von Wasser: Aus H2O wird H2 und Sauerstoff. Für diese sogenannte Elektrolyse ist Strom nötig, idealerweise aus erneuerbaren Quellen. Eines von Heels Teams experimentiert deshalb mit fotovoltaischen Zellen, die direkt in einem Wasserbad installiert werden. «Hochreines H2 ist ein genialer Energieträger», sagt Heel. Und als Treibstoff hat es eine erheblich höhere Energiedichte als die heutige Batteriegeneration: Mit einem vollgetankten iX35 fährt man locker von Bern nach Paris.
Forschungsprojekt: Erneuerbare
Energieträger zur Stromerzeugung (NFP 70)
FREIBURG
Wenn Katharina Fromm, Professorin am Institut für Chemie der Universität Freiburg, erklärt, wie eine Batterie funktioniert, klingt es ganz einfach: «Es ist, als ob man einen Stein einen Berg hochwuchtet und ihn dann kontrolliert runterrollen lässt.» Bei den meisten handelsüblichen Batterien steht der Stein für elektrisch geladene Lithiumteilchen – sogenannte Ionen –, die bei einer chemischen Reaktion Strom abgeben. «Unser Ziel», sagt Katharina Fromm, «ist es, das Gefälle des Berges zu erhöhen, indem wir das Lithium mit Wasser oder der Umgebungsluft reagieren lassen.» Was sich wie ein simpler Trick anhört, ist in der Umsetzung wissenschaftliche Knochenarbeit. Doch die Mühe ist es wert, denn theoretisch liesse sich die Energiedichte von Batterien mit der neuen Technik vervielfachen. Die globale Batterieforschung, die bislang wie ein Bummelzug unterwegs war, könnte dank Katharina Fromm und ihrem Team zum Schnellzug werden. «Realistisch scheint mir momentan eine Verbesserung der Speicherkapazität um bis zu 30 Prozent», sagt die hochdekorierte Chemikerin. Damit liesse sich ein Fahrzeug wie der Tesla Model S bei gleicher Leistung glatte 100 Kilogramm leichter bauen. In der batteriegestützten Elektromobilität – so scheint es – ist eine Revolution im Gange, und vielleicht heisst es dereinst, sie habe an der Uni Freiburg begonnen.
Forschungsprojekt: Neue Materialien
für die Batterien der Zukunft (NFP 70)
RAPPERSWIL
Über die Schweiz zieht sich ein Netz von 140 Erdgastankstellen. Sie alle hängen an einem unterirdischen Leitungssystem, das mehr Sonnen und Windenergie aufnehmen und zwischenspeichern könnte, als unser Land bis auf Weiteres produzieren wird. Erstaunt? Des Rätsels Lösung liegt am oberen Ende des Zürichsees. Dort betreibt das Institut für Energietechnik der Hochschule für Technik Rapperswil seit 2014 eine schweizweit einmalige Anlage zur Umwandlung von Sonnenlicht in synthetisches Erdgas, oder «erneuerbares» Methan. Projektleiter Boris Meier erklärt, wie das «Power-to-Gas» Verfahren funktioniert: «Wir gewinnen Solarstrom, produzieren damit Wasserstoff und lassen diesen mit CO2 zu Erdgas reagieren.» Die bestehende Anlage ist klein; sie arbeitet 20 Stunden für eine Tankfüllung. Mit den nötigen Investitionen könnte die Produktion jedoch schnell hochgefahren werden. «Denn das Verfahren», sagt Maschineningenieur Meier, «ist technisch absolut ausgereift.»
Forschungsprojekt: Methan für Transport
und Mobilität (NFP 70)
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