Tour de Suisse

Elektrisch, dezentral, als autonome Bürger in einer ökologischen und friedfertigen Welt: In jedem Forschungsprojekt stecken auch die persönlichen Zukunftsvisionen der beteiligten Wissenschaftler.

ZÜRICH

Jeder Abfall ist auch ein Rohstoff. Es ist nur eine Frage des Blickwinkels. Die Forschungsgruppe von Stefanie Hellweg am Institut für Umweltingenieurwissenschaften der ETH Zürich hat sich zum Ziel gesetzt, aus den Abfall-Rohstoff- Kreisläufen das Maximum herauszuholen. "Meine Zukunftsvision ist ein Energiesystem, das über die Ländergrenzen hinweg ökologisch optimiert und gleichzeitig ökonomisch tragbar ist», umschreibt die Umweltingenieurin die Triebfeder für ihre Forschungsarbeit.

Bezogen auf das Abfallmanagement heisst dies, dass der Müll sowohl materiell als auch energetisch bestmöglich genutzt werden soll. Durch die materielle Nutzung werden primäre Materialien und damit die Energie für deren Herstellung eingespart. Dass der Nettoeffekt dabei oft im Ausland anfällt, ist sinnvoll, wenn er grösser ist, als es eine direkte energetische Nutzung zur Wärme- oder Elektrizitätsgewinnung in Kehrichtverbrennungsanlagen oder Klinkeröfen im Inland wäre.

Inzwischen kennen die Forschenden den Verlauf der Schweizer Abfallflüsse schon sehr genau, und sie können auch die Umweltwirkung der unterschiedlichen Verwertungs- und Entsorgungswege bewerten. Jetzt geht es darum, das System konsequent zu optimieren, indem etwa möglichst treibhausgasintensive Materialien durch Recyclingprodukte ersetzt werden. Je nachdem kann dies aber auch mehr Fernwärme aus der regionalen Kehrichtverbrennung bedeuten. Und dann gilt es auch, den Transformationsprozess für eine Umsetzung der Resultate in der Politik in Gang zu bringen – damit die Vision Schritt für Schritt zur Zukunft werden kann.


Forschungsprojekt:
Verbundprojekt «Abfallmanagement als Beitrag zur Energiewende» (NFP 70)

LAUSANNE

Eine dezentrale und durch die Bürgerinnen und Bürger kontrollierte Energieproduktion aus erneuerbaren Quellen. So sieht die ideale Energiezukunft für Majed Chergui aus. Damit würde nicht zuletzt das Risiko für kriegerische Auseinandersetzungen sinken, die häufig um zentralisierte Energieressourcen wie Erdöl oder Uran ausbrechen, ist der Leiter des Labors für ultraschnelle Spektroskopie der ETH Lausanne überzeugt. Gleichzeitig relativiert er aber auch seinen Anspruch: «Unsere Arbeit ist ein Tropfen in den Ozean. Allenfalls etwas dazu beizutragen, ist mir aber Ansporn genug.»

Das Hauptstudienobjekt von Cherguis Team sind sogenannte Perowskite und Metalloxide. Diese Mineralien versprechen günstigere und mit massiv weniger Energieaufwand produzierte Solarzellen. Sie lassen sich mit einfachen Flüssigchemieverfahren herstellen. In Sachen Umwandlungseffizienz nähern sich die Perowskite bereits der etablierten Siliziumtechnologie. Die grösste Herausforderung stellt derzeit noch die chemische Stabilität gegenüber Licht, Hitze und Feuchtigkeit dar. «Ich habe keine Zweifel, dass wir diese Hürden überwinden werden», blickt Chergui in die Zukunft. Die gleiche Zuversicht hat er auch hinsichtlich seiner Energievision: «Die dezentrale und autonome Energieversorgung setzt sich in vielen Regionen bereits heute auf Basis von Siliziumtechnologien durch. Sie entspricht offensichtlich einem Bedürfnis der Menschen.»


Forschungsprojekt: Perowskite für die Solarenergie (NFP 70)

FREIBURG

«Meine Fiktion ist eine elektrische.» Ullrich Steiner ist davon überzeugt, dass unsere Zukunft nur nachhaltig werden kann, wenn die Elektrizität die Verbrennung von kohlenstoffbasierten Energieträgern als Hauptenergiequelle ablöst. Dafür forscht der Physiker und Materialforscher am Adolphe Merkle Institute der Universität Freiburg unter anderem an Wegen, mit denen sich die Batterietechnologie grundlegend verbessern lässt.

Sein Fokus gilt Metalloxiden, welche an der Kathode von Lithium-Ionen-Batterien Lithium speichern. In heutigen Akkus, wie sie in Handys, Laptops oder Elektroautos zum Einsatz kommen, wird das Lithium nur in der Nähe der Kathodenoberfläche eingelagert, die einen Bruchteil des Materials ausmacht. Ins Innere der Keramikverbindungen können die geladenen Ionen nicht eindringen. Steiners Forschungsgruppe arbeitet an einem Verfahren, mit dem die Oberfläche – ähnlich wie in unseren Lungen – durch ein bis in den Nanobereich hinunter verästeltes Gangsystem vervielfacht wird. Dafür verwenden die Freiburger selbstorganisierende Polymere. Sie bilden mikrometergrosse Kügelchen, die ein Nanometergerüst enthalten, welches in das gewünschte Metalloxid umgewandelt wird. Diese Kügelchen werden schliesslich zum Kathodenmaterial zusammengebacken.

Und wann wird diese Technologie die Leistung unserer Handy-Akkus steigern? «Die Ergebnisse unserer Arbeit, so wie sie derzeit im Labor existieren, wird man – wie bei jeder Grundlagenforschung – nie kaufen können», betont Steiner: «Unsere Arbeit kann allerdings eine Basis legen, auf der Ingenieure neue Produkte aufbauen können, die künftigen Generationen das Leben erleichtern.»


Forschungsprojekt: Nanostrukturierte Lithium-Ionen-Batterien (NFP 70)


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